Indien I – Anreise & erster Workshoptag

Namaste!

Nach über einem Jahr „Schreibtischverdonnertsein“ hat es uns wieder in die weite Welt verschlagen! Indien steht auf dem Programm! Und jeder, der dieses Land schon mal besucht hat, sagte uns: „Entweder Du liebst oder hasst es“. Mal sehen, zu welchem Ergebnis wir am Ende kommen.

Natürlich klären wir erstmal, warum wir uns auf die Reise machen.

Wie ihr ja schon aus unseren anderen Beiträgen wisst, bietet JWL in Kooperation mit Universitäten Hochschulkurse für junge Menschen in Krisenregionen an. Für das Jahr 2020 stehen wieder viele neue Kursthemen auf dem Programm. Zum ersten Mal will JWL einen kompletten Bachelor anbieten. Eine ganze Kurspalette zum Thema nachhaltige Entwicklungshilfe soll die Jugendlichen auf den Wiederaufbau der eigenen Gemeinden vorbereiten. Ganz nach dem Motto der jesuitischen Organisation „Learning together to transform the world“.

Aber der Weg bis zu einem fertigen Kurs auf der Lernplattform ist weit. Die Dozenten müssen sich einen Lehrplan für Studierende aus allen verschiedenen Ländern überlegen, die Kursmaterialien müssen erstellt werden, die Lernplattform muss vorbereitet werden, internationale Zertifizierungsrichtlinien beachtet werden usw. Wir, das Seitwerk-Team, übernehmen für dieses Projekt wieder die Aufbereitung der Lerninhalte und alles rund um die Lernplattform. Damit wir mit diesem Projekt starten können, müssen wir aber erst einmal die Dozenten zu den verschiedenen Fächern kennenlernen. Sie haben das Fachwissen und wir können ihnen mit der Lernplattform die Möglichkeit geben, auch die Studenten in den Flüchtlingslagern zu erreichen. Die Dozenten der Xavier University, einer Jesuitischen Universität, sitzen in Bhubaneswar in Indien. Wer schon mal mit Indern telefoniert hat, kennt die Anfangsschwierigkeiten. Schnell war uns also klar: per Skype kann man so ein langfristiges Projekt zwischen Bhubanswar und Uffing nicht in die Wege leiten. Damit diese Zusammenarbeit zwischen dem Dozenten-Team der XUB und unserem Team gut anläuft und wir von Anfang an Hand in Hand arbeiten, treffen wir uns diese Woche[o1 zu einem Workshop in Bhubaneswar. Wir, Raphaela und Anna, sind deshalb am Samstag in der Früh gestartet und in die kleine Stadt im Osten von Indien, im Bundesstaat Odisha, gereist

Zwei Wochen vor der Abreise kam uns dann noch die Idee, wenn wir schon mal in Indien sind, dann könnten wir uns ja gleich noch mit dem Team aus Bangalore treffen, mit dem wir dieses Jahr auch noch vier Kurse aufbauen werden. Wenn wir sie gleich mit einladen, müssten wir alles nur einmal erklären. Das St. Joseph´s College in Bangalore ist ja gleich um die Ecke, dachten wir uns nach einem flüchtigen Blick auf die Landkarte. Aber weit gefehlt, das junge Team saß auch mehrere Stunden im Flugzeug. Für viele von Ihnen war es auch die erste Reise in den indischen Bundesstaat Odisha.

Für die kommende Woche sitzen wir mit dem zwölfköpfigen XUB-Team und den fünf Kollegen aus Bangalore von morgens bis abends an einem großen Tisch und versuchen, die Arbeit für die nächsten drei Jahre irgendwie zu sortieren.

Samstag, Abreise

Aber jetzt mal langsam, wie ist es denn eigentlich losgegangen? 

Waren wir auf diese Reise in das ferne Land vorbereitet? Nein, natürlich nicht… Im Gegenteil, am Freitag hatten wir vor lauter Arbeit eher das Gefühl, wir werden niemals Land sehen, geschweige denn ein fernes Land. Aber, es kam dann doch noch anders! Noch schnell bis Mitternacht irgendwie den großen Rucksack packen. Welche Klamotten sollten wir mitnehmen? Und wie sollte das Stativ, die Kameras usw. alles da reinpassen? Um 5:30 Uhr am nächsten Morgen klingelte der Wecker und es ging zum Flughafen nach München. Zack, zack noch mal alle richtig verabschieden und ordentlich in den Arm nehmen. Dann standen wir gleich in einer beunruhigend langen Schlange vor dem Check in. Endlich am Schalter dann die verdutzte Frage: „Wie meinen sie das, das ist gar kein Visum, das wir ausgedruckt haben, sondern nur die Anmeldung? Und zu welchem Schalter müssen wir jetzt noch kurz vor Abflug?“. Am nächsten Schalter wurde uns zum Glück weitergeholfen: ein Fehler im System! Und das hätten wir selbst nie finden können. Gut das der nette Herr den Fehler gefunden hatte, mit der Bemerkung: „Wenn Inder etwas programmieren…“ Kurz darauf standen wir in einer noch längeren Schlange vor der Pass- und Gepäckkontrolle an, man betone im Buisness-Class-Eingang vor der Pass- und Gepäckkontrolle und in 20, nein stimmt nicht, inzwischen 8 Minuten geht der Flieger. Wird wohl nix mit Indien. Doch Rettung nahte, groß und blau gekleidet frägt, im fränkischen Akzent, ein Polizist „wer fliegt hier nach Doha?“ flott gehen 9 Hände nach oben und wedeln wild mit ihrem Ticket, – wir auch, von Doha (Katar) würden wir weiterfliegen nach Dheli. Gleich darauf wurden wir vom Bundesgrenzschutzbeamten und einem Stewart fast bis zum Flugzeug durchgeschleust. Fast, weil das Handgepäck trotz Zeitdruck ordentlich kontrolliert werden musste. Das bedeutete: Kamera raus, Laptop, Tablett, Micro, Akkus… Somit war das tolle Packsystem wieder dahin. Alles musste schnell zurückgestopft werden und wir rannten in letzter Minute Richtung Flieger.

Noch nie waren wir so schnell im Boardingbereich, im Flieger und auch gleich in der Luft. Da hatte Raphaela nicht mal Zeit, um an Flugangst zu denken. In sechs Stunden sollten wir in Doha landen.

In Doha angekommen bestaunten wir den riesigen neuen Flughafen. Katar bereitet sich auf die Fußballmeisterschaft vor und genauso neue und edel sieht der Flughafen aus. Es ist alles irgendwie im Silentmood 🙂 alles angenehm gedämpft, eher wie ein entspannter Einkauf mit schöner leiser Hintergrundmusik. Durch die neuen Schalschutzdecken wirkt der ganzen wuselige Flughafen wie „stummgeschalten“. Ein zwei Stunden Aufenthalt, noch kurz ein letztes Sandwich und der feinschliff unserer Präsentationen für den Workshop, und dann geht’s schon weiter nach Delhi.  

Dort angekommen, erwartet uns erstmal eine ganz andere Welt. Nix mehr mit entspanntem „silentmood“. Obwohl es mitten in der Nacht war, hatten wir das Gefühl wir stehen mitten in einem unorganisierten Ameisenhaufen. Also Schutz vor dem Coronavirus trugen viele hier einen Mundschutz. Überall standen auch große Plakate mit Hinweisen auf Symptome rum, aber auch große Stände mit Beratungspersonal. Erst jetzt begriffen wir, hier landen auch viele Chinesen zum Weiterflug, deshalb gab es sogar separate Warte- und Anstellbereiche für sie. Auch wenn die Chinesenschlange beim Visaschalter wesentlich kürzer war, stellten wir uns brav, für mehrere Stunden in die andere wartende Menschenschlange.  Ohne viel Schlaf ging es am frühen Morgen weiter nach Bhubaneswar. 

Und 2 Tage später sind wir doch schon in Indien angekommen, an einem wirklich winzigen Flughafen. Hier wartete schon unserer Fahrer und brachte uns über holprige und sandige durch die Vororte von Bhubaneswar zur Universität. Erste Panik „Linksverkehr, Kühe auf der Straße, Hunde, Menschen, Fahrrad, Motorrad, Bus, Ape, LKW…… alles gleichzeitig auf einer schmalen eher unbefestigten Straße. Aber uns war nach 5min klar, das wichtigste an jedem Gefährt hier ist die HUPE! Langsam wird’s komisch, es wird immer ländlicher „wo soll hier bitte eine Universität sein?“. Doch dann nach ca 1 Stunde, nach 17 Kilometer, im nirgendwo ein rießen Tor, dahinter hohe verglaste Gebäude, saubere breite Straßen umsäumt von vielen bunten Blumen und Palmen. Vor dem Gästehaus realisieren wir, dass wir in Indien auf dem Campus endlich angekommen sind. Gepäck ins Zimmer und los! Anna und Raphaela gehen auf Entdeckungsreise… die war aber nach einer halben Stunde auch schon wieder vorbei. Nicht wirklich was zu entdecken außer rießen Gebäude und viele, viele bunten Blumen. Am Tor angekommen, wollten wir fragen ob wir auch wieder rein kommen auf den Campus wenn wir jetzt raus gehen. Da draußen würde nämlich das „echte“ Indien warten. Am Ende sind wir einfach wieder in unsere Gästehaus zurückgeschlendert, OHNE Ausgang, denn keiner der sieben Wächter konnte englisch und wir keine Wort Indisch. Wir würden einfach auf Saraswathi warten. Zur Erklärung wer das ist, Saraswahti ist für JWL die indische Teamleiterin in Chenai, und eine tolle Frau. Wir kennen sie schon von vielen Besuchen bei Seitwerk und freuen uns schon sehr auf sie. Sie wird uns die Woche bei dem Workshop unterstützen, und uns wenn es zeitlich möglich ist, ein bisschen was von Indien zeigen. 

Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, war auch schon Saraswathi und das Team von der St. Joseph Universität hier. Beim gemeinsamen Abendessen im Gästehause lernten wir uns erstmal alle kennen. Alle vier Dozenten von SJC, waren junge und aufgeschlossene Leute, mit denen wir uns gleich gut verstanden haben. Ach Essen, stimmt, es war einfach gut! Indisch, auf jedenfall Dal, Massala dann so eine Art „Pfannkuchenbrot“ Reis und noch leckeres Curry. 

Vollgemampft, total müde wollten wir ins Bett, aber nach schwarzem Tee und Jetlag, 4,5 Stunden später als in Deutschland, war es nicht so leicht einzuschlafen auf einer wirklich, wirklich harten Matratze. Aber irgendwann fallen einem nach der anstrengenden und langen Reise die Augen zu.

Montag, 1. Workshop Tag

Als der Wecker um 7:30 (Deutsche Zeit 3:00 Nachts) klingelt, dachte wir, dass kann nicht sein… aber doch, es ist unser erster Workshop-Tag. Kurz Frühstück, es gibt Idly, was ist das? Das soll unheimlich gesund seine und ist ein kleines, fast kugelartiges, gedämpftes Reisküchlein. Dazu gibt’s eine scharfe Linsensoße, heißt hier Dal. Dann geht’s vollgepackt und motiviert an die Universität rüber. Fußweg dort hin, in Deutscher Geschwindigkeit max. 5min in indischer Zeit ca. 15min.  Nach einem kurzem Gespräch mit Dr.Peppin, dem akademischen Leiter des neuen Bachelor Programms, steht die Vorstellrunde aller Workshopteilnehmer ca. 15 Leuten an. Zuerst haben wir da das Team von St. Joseph mit ihrem Präsidenten Pater Marcel, dann das XUB-Team mit Dr. Peppin, und Saraswathi von JWL mit uns beiden von Seitwerk. Wir reden über die Erwartungen und Ziele für diese Woche. Dann stellt Anna, die JWL Lernplattform und alles was dazu gehört, vor. Am Anfang wurden wir schon sehr genau gemustert, besonders Anna mit ihren blonden Haaren und schöne blauen Augen. Aber nach ein paar Stunden, war bei den meisten das Eis gebrochen, wir konnten offen diskutieren und richtig gut arbeiten. Hier geht jetzt was vorwärts! 

Gegen 5h gehen wir zufrieden nach Hause und haben mit Saraswathi beschlossen, gemeinsam mit dem SJC-Team auf ein Triabal Culture-Festival nach Bhubaneswar zu fahren. Wir waren so gespannt, wir würden heute Abend das erste mal Indien erleben. Da wir zu acht wahren, brauchten wir zwei Auto um in die Stadt zu kommen. Meistens fährt man hier mit dem Bus, Ola, Auto (das ist die Ape) oder mit Uber, und oft kommt halt dann einfach garkeiner. Wir teilten uns auf Uber und Auto auf. Nach einer hoppel-hoppel Fahrt wurden wir am Straßenrad mitten in Bhubaneswar rausgelassen. Und da standen wir nun mitten in Indien, das war wirklich Indien! Es war wie Oktoberfest in ganz, ganz groß! Menschen über Menschen, am Boden sitzende Verkäufer die mit ihren bunten Tüchern, Saris, Gewürzen, Obst, Gemüse und auch Haushaltswaren die Straßen säumen. Egal wohin man schaut, überall gibt es was zu sehen! Aber nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren werden hier gefordert. Ein durchgehender Klangteppich von Motoren, gehupe, von unzählige Menschen, die im Gewirr reden, schreien, Musik die von irgendwo zu hören ist. Es ist wie ein riesengroßer Ameisenhaufen, in dem es total wuselt. 

Übermannt von der Mengen an Eindrücken schlängeln und quetschen wir uns durch das Chaos Richtung Festival… auf dem Weg dorthin, kommen uns auch immer wieder andere und vor allem fremde Gerüche in die Nase, von, „mhhh das riecht nach Ferne und macht neugierig, bis hin wo ist mein Tuch, dass ich mir vor die Nase halten muss“. Auf dem Festival – „Tribal Culture“ angekommen, waren wir wirklich positiv überrascht, hier war es vorbei mit der chaotischen Menschenmenge, es war eher wie ein Besuch im Freilichtmuseum Glentleiten hier ganz in der Nähe von Uffing. Wir konnten nach gebaute alte Häuser anschauen, die alle unterschiedlich aussahen, je nachdem von wo sie stammten. Aber auch Kunst- und Handwerksausstellungen konnten wir bestaunen. Und natürlich wurden diese Dinge auch zum Verkauf angeboten. Der Höhepunkt waren die Tänze die auf einer großen Bühne je nach „Stamm“ aufgeführt wurden. Wir waren wirklich beeindruckt! Anschließend stand Abendessen mit Saraswathi und dem dem SJC-Team auf dem Programm. Natürlich gab es wieder eine reiche Auswahl, Currys, Masala, Fisch, Riesengarnelen alles durch die Bank schmeckte sehr gut. Hier stellten wir, als echte Bayern, gleich mal das indische Bier auf die Probe. Ergebnis, Kingfisher, indisches Bier, ist für gut bis befriedigend befunden. Vollgefuttert und müde ging es mit dem Uber flott wieder nach Hause und fallen müde in unser Bett. 

Raphaela

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